Die Villa aus Sichtbeton

Eleganter Brutalismus:

Die Villa aus Sichtbeton in Gallneukirchen

In einem Park mit leichter Hanglage im oberösterreichischen Gallneukirchen entwarf Peter Todorov von skyline architekten eine repräsentative Villa aus Sichtbeton. Klare Formen, gezielte Ausblicke in die Landschaft und eine präzise Planung bis ins kleinste Detail kennzeichnen den kompakten Wohnbau, der auch die Kunstsammlung des Bauherrenpaars in Szene setzt.

Die Bauherren hatten zunächst Bedenken, ein Haus komplett in Sichtbeton zu errichten, sie fanden den Baustoff „sehr brutal“. Die Qualitäten des Materials, dessen Purismus, zeitlose Ästhetik und Haptik sowie gebaute Beispiele konnten sie aber letztlich überzeugen. Das fertiggestellte Gebäude stößt auf große Begeisterung – mittlerweile ist für sie kein anderer Baustoff mehr vorstellbar.

Selbstbewusster Monolith

Der massive Sichtbetonkörper besteht aus zwei sich überschneidenden Kuben unterschiedlicher Größe, wobei der kleinere durch eine leichte Drehung die Kompaktheit des Bauvolumens auflöst. In Richtung Süden öffnet sich der Bau mit großflächigen Verglasungen, die übrigen Fassaden sind allseitig identisch mit gezielt orientierten, sparsamen Öffnungen versehen. Allein die Schnittstelle der beiden Volumina wird im Norden durch eine haushohe Verglasung unterbrochen, die den Zugang zum Gebäude kennzeichnet. Für die Garage wurde entlang der ostseitigen Grundstücksgrenze ein selbständiger Baukörper errichtet. „Das war eine ganz bewusste Entscheidung“, erklärt der Architekt, „denn sein vorheriges Haus hatte der Hausherr nie durch den wunderschönen Haupteingang betreten, sondern immer durch die Garage, den Wirtschaftsraum oder die Garderobe. Und das wollten wir hier ändern.“ In Anlehnung an den italienischen Platz wird hier das Betreten des Hauses über eine „Piazzetta“, einen Vorplatz, förmlich zelebriert.

Raum als Luxus

Mit rund 250 Quadratmetern Wohnfläche bietet der Bau reichlich Platz, was durch die Offenheit der Räume zusätzlich unterstrichen wird. „Es gibt in diesem Haus nur wenige Türen“, betont Peter Todorov. Im Erdgeschoß bilden Küche, Ess- und Wohnbereich eine einheitliche Fläche. Garderobe, Wirtschaftsraum und Haustechnik sind im nordseitigen geschlossenen „Rücken“ des Gebäudes untergebracht. Der Wellnessbereich mit Bad und Sauna öffnet sich nach Westen, eine Terrasse bildet hier den Übergang in den Park. Über eine Galerie mit zusätzlicher Fläche für flexible Nutzung erreicht man im Obergeschoß den Schlafbereich, einen loftartigen Raum und hintereinander angeordnet Schlafzimmer, Ankleide und Bad. Die komplett verglaste Südfassade mit mobilen Glaselementen erlaubt es, den Schlafbereich in eine offene Loggia umzuwandeln. Ein großer Luftraum verbindet die beiden Stockwerke miteinander. „Der sechs Meter hohe Wohnraum ist der wahre Luxus dieser Villa“, erklärt der Architekt mit großer Begeisterung. „Es sind der Raum und die Luft“. Eine überdachte Terrasse in der gesamten Breite von Wohn- und Essbereich ergibt einen Zwischenraum zum Garten mit Pool. Mit allseits angebrachten, mobilen Screens lässt sich dieser Bereich schließen und unterstreicht dabei zusätzlich die Kompaktheit des Gebäudes. Dreifach isolierte Schiebefenster mit minimalster Ansichtsbreite der Profile verbinden den Innenraum mit Außen fast nahtlos.

Edle Materialien

Ein minimalistisches Gebäude mit raffinierten Details war den Bauherren ein besonderes Anliegen. Unbehandelter Sichtbeton für alle vertikalen Elemente, gebürsteter Travertin für den Boden im Erdgeschoß und Holz für die Galerie, den Treppenaufgang und die Türen ergeben im Zusammenspiel ein klares und ruhiges Gesamtbild. Die äußerst reduzierte Formensprache erforderte dabei Präzision bis ins kleinste Detail. So gibt es beispielsweise keine Attikaabdeckungen und keine Fensterbänke, was für die Schalung des Betons eine große Herausforderung darstellte. „Wir hatten sehr gute Kooperationspartner“, erklärt der Bauherr, „die Zusammenarbeit zwischen Architekt, Baufirma und Gewerken hat wunderbar funktioniert. Papier ist geduldig, ohne gemeinsames Verständnis sind jedoch präzise Details nicht umsetzbar.“ Da er selbst in der Baubranche tätig ist, hatte der Bauherr die Bauaufsicht persönlich übernommen. Um eine einheitliche Textur der Betonoberfläche zu erreichen, wurden die Ankerlöcher der Schalungselemente mit Beton verdichtet und von einem Betonrestaurator mit akribischer Genauigkeit überarbeitet.

Plusenergie und High-tech

„Für uns war es wesentlich die Behaglichkeit der Wohnräume sicherzustellen ohne dass die Technik vordergründig sichtbar wird“, berichtet der Bauherr. „Wir haben nach dem Vorbild eines Plusenergiehauses nach einem der aktuellsten Standards – Minergie-P – gebaut.“ Die Gebäudehülle besteht aus einer äußeren Betonschale von zwanzig Zentimeter, einer Dämmschicht mit sechzehn Zentimetern und einer inneren Betonschale von 25 Zentimeter Dicke. Diese ist nordseitig im Obergeschoß, ostseitig in Küche und Schlafzimmer sowie im Wohnzimmer westseitig bauteilaktiviert. Ebenso die vertikale Wandscheibe, welche im Erdgeschoß teils Küche und Wohnzimmer, im Obergeschoß den Schlafbereich abtrennt. Damit wird das Gebäude beheizt und im Sommer bei Bedarf gekühlt. Eine Fußbodenheizung ergänzt das Heizsystem. Hochwertige Dämmstoffe mit erhöhten Lambda-Werten kamen in der Gebäudehülle zum Einsatz. Eine, von außen nicht sichtbare Photovoltaikanlage liefert den Strom, Erdgas ergänzt die Primärversorgung. Eine Retentionsanlage sammelt das Regenwasser, die Granitpflaster der „Piazzetta“ sind mit einer offenen Fuge verlegt und ermöglichen das Versickern des Wassers. Die automatisierte Steuerung von Licht und Beschattung erfolgt durch eine zentrale Anlage in den beiden Geschoßen.

Projektdaten:

Bauherr: Privat
Architektur: Arch. DI Peter Todorov von skyline architekten ZT GmbH, Wien
Projektleitung: Arch. DI Peter Todorov
Statik: Schindelar ZT GmbH, Grieskirchen
HKLS: TB Wiesauer GmbH, Vöcklabruck
Bauphysik und Akustik: TAS-Bauphysik, Linz
Garten-Landschaftsplanung: Plant-Gartengestaltung, Linz
Baufirma: Habau Hoch- und Tiefbaugesellschaft m.b.H., Perg
Transportbeton: Rems Beton GmbH, Mauthausen
Einrichtung: Kirchberger GmbH, Linz
Planungsbeginn: 10/2015
Baubeginn: 04/2016
Fertigstellung: 01/2018
Grundstücksfläche: 2.850 m²
Nutzfläche: 255 m²
Kubatur: ca. 1.498 m³
Materialien:  Beton, Naturstein, Holz
Fotocredits: Daniel Hawelka