RATHAUS OBERNDORF

Thermisch aktivierte Betondecken:

Richtungsweisend für nachhaltige Energielösungen

Am 26. Oktober 2018 wurde das neue Rathaus in Oberndorf bei Salzburg eröffnet. Als „Neue Mitte“ der Stadtgemeinde und als ein Ort der Begegnung, folgt die räumliche Umsetzung dem inhaltlichen Ansatz einer transparenten und bürgernahen Stadtverwaltung. Dem innovativen „Smart City“-Prinzip entsprechend, ist der energietechnisch hocheffiziente Betonbau mit dem benachbarten BORG Oberndorf verbunden. Dabei werden die Kosten für Heizen und Kühlen auf ein Minimum reduziert und das Budget der Gemeinde langfristig entlastet.

Für den Neubau des Rathauses hatte die Stadtgemeinde Oberndorf zu einem einstufigen Realisierungswettbewerb geladen, aus dem die Megatabs Architekten als Sieger hervorgingen. Der dafür ausgewiesene, an den Stadtpark angrenzende Bauplatz, verlangte nach einem repräsentativen Gebäude. Mit einem nach außen kompakten, markanten Baukörper, der in seiner Gesamtheit gut ablesbar ist, wurden die Planer diesen Anforderungen gerecht. Eine gekonnte Komposition von Atrium, großzügigen Lufträumen, Erschließungsflächen und Terrasse löst diese Strenge im Innenraum auf und schafft so eine klare und übersichtliche Raumstruktur.

Funktional und sachlich

Ausgehend von der vorhandenen Bebauung und einer nach Süden angrenzenden Parkfläche, entwickelten die Architekten einen rechteckigen Grundriss, der die städtebaulichen Fluchten des Umfeldes aufnimmt und dabei die gebaute Struktur der Stadt ergänzt. Als Maßstab für die Dimensionierung des dreigeschoßigen Baukörpers und für dessen Dachform dienten die ortstypischen Merkmale. Die Geometrie des Gebäudes setzt dabei einen bewussten Kontrast zum umliegenden Freiraum, der sich in unterschiedliche Bereiche gliedert. Zentrales Element ist hier der Hauptzugang mit überdachtem Vorplatz, der – als Begegnungszone konzipiert und auf niveaugleicher Ebene von Fahr- und Gehwegen ausgeführt – einen fließenden Übergang in den südseitig angrenzenden Stadtpark bildet.

Klare Raumanordnung, hierarchische Nutzung

Das zentrale Foyer im Erdgeschoß bildet den Kern aller vertikalen und horizontalen Bewegungsabläufe des Gebäudes. Im Erdgeschoß sind die öffentlichen Bereiche wie Bürgerservice und Standesamt untergebracht sowie ein multifunktionaler Saal, der klar getrennt, sowohl für Sitzungen als auch für externe Veranstaltungen nutzbar ist. Im ersten Obergeschoß befinden sich die halböffentlichen Bereiche mit Büro für Bürgermeister und Amtsleiter, Personalbüro, Finanzverwaltung und EDV. Im zweiten Obergeschoß sind das Bauamt Tiefbau, Sozial- und Besprechungsraum, der Reinhalteverband und das Archiv untergebracht. Eine großflächige, nach Süden orientierte Dachterrasse dient den Gemeindebediensteten als geschützter Rückzugsort im Freien. Ein vertikales Atrium, das sich über alle Ebenen erstreckt und diese miteinander verbindet, sowie Lufträume schaffen eine abwechslungsreiche Abfolge von Ein-, Aus- und Durchblicken und erzeugen eine einladende Atmosphäre. Überdachte Parkplätze und zusätzliche Archive im Kellergeschoß ergänzen das notwendige Raumprogramm.

Energetisches Vorzeigeprojekt

Dem „Smart-City“-Prinzip folgend ist das Rathaus Oberndorf mit dem benachbarten Bundesoberstufenrealgymnasium, kurz BORG, das auch von den Megatabs Architekten geplant und nahezu zeitgleich errichtet wurde, energietechnisch intelligent vernetzt. Auf dem Flachdach dieser wurde eine thermische Solaranlage errichtet – was beim Rathaus sowohl aus architektonischen als auch aus energietechnischen Gründen wenig praktikabel gewesen wäre – und ein Energieverbund über ein Nahwärme- und Nahkältenetz zwischen den beiden Gebäuden hergestellt. Geheizt und gekühlt wird das Rathaus ausschließlich über die bauteilaktivierten Betondecken. Diese werden in der Heizperiode vorwiegend über die thermische Solaranlage mit Wärme versorgt. Für extrem sonnenarme Zeiträume oder zur Aufbringung notwendiger Spitzenheizlasten kommt die Wärmepumpe des BORG als Backup zum Einsatz. Die verbleibenden solaren Überschüsse stehen dem BORG zur Verfügung. Zum Kühlen der Amtsräume dient das Kaltwasser (Fernkälte) der schuleigenen Brunnenanlage. An den bauteilaktivierten Betondecken wurden aus dekorativen und funktionalen Gründen Gipslochplatten abgehängt. Ein optimiertes Lochmuster und zusätzliche Schlitze in den Randbereichen sorgen für die optimale Wärmeabstrahlung. Die Lochplatten verbessern gleichzeitig die Akustik der Büroräume. „Unter Einhaltung bestimmter Rahmenbedingungen funktioniert das ausgezeichnet,“ erklärt der Energietechniker Harald Kuster, „das hat sich bereits in anderen Projekten bestätigt und wurde zudem in einer Simulation von Prof. Klaus Kreč vom Institut für Bauphysik der Technischen Universität Wien nachgewiesen.“ Dieses hocheffiziente und energiekostengünstige Vorzeigeprojekt im öffentlichen Bereich, ermöglicht ganzjährige Raumtemperaturen von 22 bis 24 °C. Die niedrigen und konstanten Oberflächentemperaturen bewirken eine hohe Behaglichkeit und schaffen ein optimales Raumklima.

Projektdaten:

Bauherr: Stadtgemeinde Oberndorf bei Salzburg
Architektur: MEGATABS architekten ZT GmbH
Projektleitung Architektur: Daniel Hora
Projektmanagement: Gemeinnützige Wohn­ und Siedlungsgenossenschaft „salzburg“ reg. Gen.m.b.H.
Statik: ​Zivilingenieur DI Johann Lienbacher
Haustechnik: Kuster Energielösungen GmbH
Baufirma: Tiefenthaler – Schichtle Hoch- und Tiefbau GmbH
Baubeginn: 04/2017
Fertigstellung: 08/2018
Eröffnung: 10/2018
Brutto-Grundfläche (BGF): 2.325 m²
Nutzfläche: 1.080 m²
Heizwärmebedarf: 13,5 kWh/m²a
Materialien: Stahlbeton
Fotocredits: Herta Hurnaus