Beton hilft: Taktile Systeme für Sehbehinderte

Für alle, die gut sehen können, sind es bunt genoppte, strukturierte oder gerillte Pflasterplatten in der Nähe von Fußgängerübergängen – für Blinde und Sehbehinderte aber sind sie die Eintrittskarte in die Öffentlichkeit. Denn diese Menschen sind absolut auf die Hilfen angewiesen: Gerade diesen Platten verdanken die Sehbehinderten, dass sie sich im öffentlichen Leben heute wesentlich weniger einschränken müssen. Das Hilfsmittel: Beton. Der Baustoff des 21. Jahrhunderts kann relativ leicht mit Profilen und Strukturen hergestellt werden. Ein schönes Beispiel dafür, wie Beton auch soziale Funktionen übernehmen kann!

Sehende Menschen orientieren sich beim Gehen problemlos und schnell an den räumlichen Gegebenheiten. Gerade in der Öffentlichkeit verlassen sich Nichtbehinderte in erster Linie auf ihre Augen. Ganz anders sehbehinderte und blinde Menschen: Die sind durch ihr eingeschränktes oder fehlendes Sehvermögen ständig Orientierungsproblemen ausgesetzt – in einer Welt, die von Sehenden für Sehende gemacht ist, heißt das: Unannehmlichkeiten ohne Unterbrechung.

Orientierungshilfen für den Tastsinn

In den meisten Verkehrsräumen sind derart benachteiligte Menschen auch heute noch praktisch ohne Orientierungshilfen. Das schließt sie vom Verkehrsgeschehen und somit vom öffentlichen Leben aus. Dafür, dass das nicht so bleibt, machen sich bei weitem nicht nur Blindenverbände stark, indem diese einheitliche Orientierungsmittel fordern.

Beton als Vorreiter in der Entwicklung

Vorreiter in der Entwicklung neuer Systeme, mit denen sich Sehbehinderte hauptsächlich durch ihren Tastsinn orientieren können, ist die Betonindustrie. Denn es sind Betontechnologen, die einheitliche Orientierungsmittel entwickeln, die unabhängig vom Sehvermögen Signale vermitteln. Um die Probleme und Gefahren im Verkehr wirksam zu reduzieren, braucht es eindeutige, klare Signale – die müssen leicht zu finden und leicht ertastbar sein. Taktile Informationen können diese Orientierungshilfe leisten.

Starke Hell-/Dunkel-Kontraste helfen Sehbehinderten Blinde können taktile Informationen nutzen, indem sie die Signale mit dem Stock erkennen oder mit den Füßen wahrnehmen. Sehbehinderte Personen orientieren sich meistens am Unterschied von Hell und Dunkel – durch einen klaren Kontrast von Farben und Leuchtdichten sind die taktilen Helfer wichtige, gut erkennbare „Informanten“.

Damit sich blinde und sehbehinderte Menschen tatsächlich auf ein Orientierungssystem verlassen können, muss es überall anzutreffen sein. Es darf beispielsweise keine einzige Verkehrsampel geben, bei der die Ausstattung fehlt. Dies würde wieder zur klassischen Einschränkung dieser gar nicht so kleinen Minderheit führen.

Nur Systematik bringt auf Dauer Erleichterung

Sind die Signale, die im öffentlichen Raum gegeben werden, verlässlich, werden also alle öffentlich zugänglichen Verkehrsanlagen entsprechend systematisch ausgestattet, können die visuell Eingeschränkten aufatmen. Dann sind unterschiedliche Ebenen oder Höhenveränderungen leicht wahrzunehmen, mögliche Gefährdungen im Straßenverkehr können so verhindert werden.

Nutzen für alle: Rutschfestigkeit wird erhöht

Die Strukturtechnik, mit der die Betonindustrie in Zusammenarbeit mit Blindenverbänden und der öffentlichen Hand taktile Systeme entwickelt, hat gleich mehrere Nebeneffekte. Zum einen sind die Farbkontraste, die als Orientierung dienen, durchaus auch als gestalterische Mittel einzuordnen. Und dann bietet diese Strukturtechnik im Winter allen Menschen mehr Sicherheit, ob sie sehen können oder nicht: Die Rutschfestigkeit der Oberfläche von Beton wird erhöht! Besonders bei stark befahrenen oder begangenen Pflasterflächen kann das von Nutzen sein, aber auch bei Stufen und Rampen, bei denen sonst zum Beispiel Glatteis leicht zu Unfällen führen könnte – noch ein Argument also für kommunale Planer, bei den nächsten Baumaßnahmen ein offenes Auge für die zu haben, die wenig oder gar nichts sehen können.