Stadtbibliothek Dornbirn

Dornbirn

Ein Wohnzimmer für die Stadt

Als Ort des generationenübergreifenden Lernens und der Begegnung haben die Vorarlberger Büros Dietrich Untertrifaller Architekten und Christian Schmoelz Architekt die neue Stadtbibliothek in Dornbirn konzipiert. Entstanden ist ein komplett verglaster, ellipsenförmiger Stahlbetonbau mit Bauteilaktivierung und vorgehängter Fassade, die auf raffinierte Art ein Spiel von Licht und Schatten, von Transparenz und Verhüllung inszeniert. Ein Haus für Bildung und Kommunikation, das alle Sinne anspricht und für die Kultur der Stadt einen wesentlichen Beitrag leistet.

Das Grundstück liegt in einer Übergangszone, an einem früheren „Trampelpfad“, der von der Innenstadt zum Stadtpark führte. „Grundideen des Entwurfs waren, die alten Bäume größtmöglich zu erhalten, den früheren Weg im Projekt zu thematisieren und sichtbar zu machen und uns in der Höhenentwicklung an den umliegenden Bauten zu orientieren“, erklärt Peter Nußbaumer, Partner bei Dietrich Untertrifaller Architekten. Der zurückhaltende, amorphe Baukörper mit dem Grundriss von vier ineinander verschnittenen Parabeln fügt sich in den Bestand ein und wird über zwei gleichberechtigte Zugänge erschlossen. „Für uns war es wichtig, dass der Bau als Bindeglied im Stadtgefüge – stadteinwärts und stadtauswärts – fungiert und so auf den ursprünglichen Wegeverlauf Bezug nimmt.“

Maximale Offenheit und Flexibilität

Der massive Stahlbetonbau mit Wänden aus Ortbeton und schlanken Verbund-Betonstützen von etwa zehn Zentimetern Durchmesser, gewährt größtmögliche Freiheit für die Nutzung der Fläche von insgesamt 1.200 Quadratmetern, die sich auf drei Ebenen verteilt. Ein zentrales Atrium mit Glasdach bildet den Kern des Gebäudes und ist in den beiden Obergeschoßen als offener Raum konzipiert, der sowohl horizontal als auch vertikal mit allen Bereichen kommuniziert. Hier finden Veranstaltungen – pro Jahr zirka 300 – ihren Platz und bespielen so die Flächen am Tag genauso wie abends. Im Erdgeschoß befinden sich Rezeption, ein Teil der Verwaltung und der Kinderbereich mit Räumlichkeiten für die Betreuung von Kindergruppen, im Obergeschoß der Freihand- und Lesebereiche mit unterschiedlichen Aufenthaltsbereichen, ein Raum für Veranstaltungen sowie ein Teil der Verwaltung. Eine Treppe führt in das Untergeschoß, das dem jüngeren Publikum gewidmet ist. Hier sind Mediathek, Spielothek, Gaming-Raum und ein offener „Makerspace“ untergebracht.

Reduzierte Materialien

„Die Reduktion auf wenige Materialien und deren Sichtbarkeit war uns wichtig“, erläutert der Architekt. Beton, Eichenholz und Glas dominieren das Gesamtbild. Die konstruktiven Elemente – Wände und Decken – sind aus Sichtbeton, dessen Oberfläche hydrophobiert wurde. „Da wir alle Oberflächen ohne Verkleidung belassen haben, mussten wir die akustischen Maßnahmen woanders setzen.“ So stammen alle Entwürfe der Eichenholz-Möbel aus der Feder der Architekten und sind mit schallabsorbierenden Flächen ausgeführt, ebenso die Geländer- und Ausbauelemente. Allein die Stahlkonstruktion des Glasdachs ist zur akustischen Dämmung des Hauptraumes in betongrauen Wollfilz gepackt. Auch für die Böden der oberen Ebenen wählte man Eichenholz, während sich der Jugendbereich im Untergeschoß mit einem farbigen Teppichboden abhebt. Raumhohe, fächerartige Fensterkonstruktionen mit Alu-Holzrahmen und Dreifach-Verglasung umhüllen das Gebäude. Textile Vorhänge unterstreichen den wohnlichen Charakter.

Ornament als Verschattung

Eine Gitterstruktur aus zirka 8.000 vorgefertigten Keramikelementen ist mit einem Abstand von 70 Zentimetern vor die Glasfassade gesetzt. „Wir entschieden uns für ein transparentes Gebäude mit Blickbezug nach außen, an dem nicht permanent ein Sonnenschutz rauf- und runterfährt. Wir wollten die Außenerscheinung des Baus über den gesamten Jahresverlauf – egal ob Sonne oder Regen – definieren“, so Peter Nußbaumer. „So ist die Idee entstanden, eine Fassade vorzuhängen, die einerseits eine attraktive Hülle, andererseits einen – durch Simulationen belegten – bauphysikalischen Mehrwert bietet.“ Vierzehn Ringe in ungleich hohen Abständen mit vertikal und schräg angeordneten Elementen erinnern an Bücher in Regalen. Je nach Blickwinkel des Betrachters erscheint die Hülle mehr oder weniger transparent und verleiht dem Bau eine ornamentale Ästhetik, die in den Räumen für ein lebendiges Spiel aus Licht und Schatten sorgt und damit ein besonderes Raumerlebnis schafft. Bei abendlichen Veranstaltungen strahlt das Licht nach außen und lässt den Baukörper wie einen überdimensionalen, strahlenden Lampion im Park erscheinen.

Zukunftsweisende Energieversorgung

Zum Heizen und Kühlen des Bauwerks sollte – den Gegebenheiten entsprechend – eine intelligente und effiziente Technologie eingesetzt werden. „Es war unser Ziel, durch die massive Bauweise Speichermasse im Gebäude zu generieren“, präzisiert Architekt Nußbaumer. Die massiven Betondecken im Erd- und Obergeschoß wurden bauteilaktiviert,im Untergeschoß wird über den Fußboden geheizt und gekühlt. Die Energie wird über Erdwärmesonden mittels Wärmepumpe eingebracht. „Nun ist das Gebäude bereits seit zwei Jahren in Betrieb und die Nutzer sind hellauf begeistert.“ Das Zusammenspiel von thermischer Bauteilaktivierung, Erdwärme, großflächiger Verglasung und fixem Sonnenschutz als bewusste Symbiose aus innovativer Energieversorgung und zeitgemäßer Architektur hat sich als erfolgreich erwiesen.

Projektdaten:

Bauherr: Stadt Dornbirn
Standort: Dornbirn, Schulgasse 44
Architektur: Dietrich | Untertrifaller Architekten und Christian Schmoelz Architekt
Projektleitung: Peter Nußbaumer, Christopher Braun
Statik: gbd, Dornbirn
Haustechnik: Messner, Dornbirn
Bauphysik: Weithas, Hard
Wettbewerb: 2015
Bauzeit: 2018 bis 2019
Fläche: 1.610 m² BGF
Materialien: Stahlbeton, Glas, Eichenholz

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Fotocredits: © Albrecht Imanuel Schnabel, © Aldo Amoretti