Villa B – Aldrans

Sichtbeton:

Stadel neu interpretiert

Das Einfamilienhaus Villa b von Bergmeisterwolf Architekten in Tirol demonstriert die gelungene Verbindung von traditioneller Bauweise und zeitgemäßer Materialanwendung. Der Sichtbeton-Stadel mit Satteldach aus Holz und Sockel aus Stein ist die formale Inspirationsquelle. Aus einem kreativen Spiel der Formen und Volumina ist ein selbstbewusster Baukörper aus Beton entstanden, der sich perfekt in die Umgebung integriert.

Diskretion nach Außen und Modernität im Innenraum waren der Wunsch des Bauherrn. „Wir haben lange experimentiert, um die Höhe und Proportionen des Gebäudes optimal in den landschaftlichen Kontext der Gemeinde Aldrans einzufügen“, erklärt die Architektin Michaela Bergmeisterwolf. „Die Suche nach dem Gleichgewicht zwischen Landschaft und Bebauung ist auch die Basis unserer Herangehensweise zur Architektur.“

Metamorphose

Das klassische Satteldach neu zu definieren haben sich die Planer hier zur Aufgabe gemacht und zu diesem Zweck etwa fünfzig Modelle erstellt. Dabei wurde die klassische Faltung des Satteldaches versetzt, erhöht sowie vertieft und mit großer Sorgfalt diverse Einschnitte in den Baukörper erprobt, bis schlussendlich eine harmonische Form, eine dynamische Interpretation der traditionellen Bauweise entstanden ist. Zur Straße hin zeigt sich das Gebäude einfach und sehr kompakt mit gezielt inszenierten, unterschiedlich großen Öffnungen, die teils fix verglast, teils bündig mit der Fassade ausgeformt sind. Weder Dachrand noch Regenrinne stören die formale Klarheit. Gartenseitig präsentiert sich das Einfamilienhaus scheinbar zweigeteilt: Ein Baukörper mit Satteldach und von dessen Trauflinie ansteigend ein zweiter mit Pultdach, das sich von der Straße zur Landschaft hin keilförmig öffnet.

Tradition, Gegenwart, Zukunft

Auch für die verwendeten Materialien wird der bäuerliche Stadel zur Referenz. „Traditionell war der Sockel dieser Bauwerke aus Stein“, erläutert Michaela Bergmeisterwolf. Die Zugangsrampen zu Haus- und Garageneingang und deren Verbindung sind in Waschbeton ausgeführt, ebenso wie eine Mauer die straßenseitig als Abgrenzung für den Zugangsbereich dient. Als Metapher für den Sockel setzt sich diese in der Fassade fort. „Je mehr sich Waschbeton auswäscht, desto ähnlicher wird er dem Naturstein“, so die Architektin. „Die zeitgemäße Interpretation des Steins ist für uns der Beton.“ Die Gebäudehülle ist großteils in doppelschaligem Beton ausgeführt, der um sich – dem Wunsch des Bauherrn entsprechend – bestmöglich in die Umgebung zu integrieren, verputzt wurde. In Anlehnung an die Bauernhöfe der Umgebung verwenden die Architekten im Außenbereich schwarzbraun lackiertes Lärchenholz zur Eindeckung des Daches, für Schiebeläden aber auch für Fenster- und Türrahmen, die einen klaren Kontrast bilden.

Szenischer Innenraum

Während sich der Außenbereich stark an der Umgebung orientiert, sind die Innenräume das Ergebnis eines gekonnten Zusammenspiels von Proportionen, Perspektiven und Materialität. „Der Innenraum sollte bewusst einen Kontrast zur Gebäudehülle bilden“, erklärt die Architektin. „In diesem Sinne ist das Dach innen in Sichtbeton ausgeführt.“ Zur Schalung kamen Holzbretter zum Einsatz, deren Positionierung beim Satteldach vom First ausgehend vertikal und beim Pultdach parallel zum First eingesetzt wurde. Diese bewusste Anordnung macht die Dachfaltungen klar spür- und erlebbar. Eine Treppe mit vertikaler Holzverschalung unterteilt als zentrales Element die Freiflächen im Erdgeschoß. Analog dazu wurde die dahinterliegende Sichtbetonwand mit vertikalen Brettern geschalt. Naturbelassene Holzverkleidungen sowie Schwarzstahl für Küche, Eingangsportal und Wandelement ergänzen die puristische Auswahl der Materialien, deren Übergänge mit äußerster Präzision und visueller Einfachheit scheinbar fugenlos ausgeführt wurden. Die dynamische Raumabfolge orientiert sich auf die Ausblicke in die umgebende Landschaft und bildet mit dieser eine Einheit. Eine selbstbewusste Geste, bei der Sichtbeton die Modernität zum Ausdruck bringt – für eine private Idylle mit Blick in die Zukunft.

Projektdaten:

Bauherr: Privat
Architektur: Bergmeisterwolf Architekten, Brixen (I)
Projektleitung: Philipp Berchtold
Statik: Ing. Stippler Peter, Innsbruck
Planungsbeginn: 2014
Baubeginn: 2015
Fertigstellung: 2018
Grundstücksfläche:615
Nutzfläche: 340 m²
Kubatur: 1.150 m³
Materialien: Stahlbeton, Holz, Schwarzstahl, Glas
Bildlink: https://photoservice.studiobaff.com/BMOE/Villa-B/n-TwQqFz
Fotocredits: Gustav Willeit